GROUP CLUB HANDBALL EEIG (GCH), eine Gruppe von 16 europäischen Top-Handballvereinen aus 8 Ländern, hat gestern eine Beschwerde gegen die Internationale Handball Föderation (IHF) und die Europäische Handball-Föderation (EHF) bei der Europäischen Kommission, Generaldirektion Wettbewerb, eingereicht.
Die Beschwerde stützt sich auf die Tatsache, dass die Verhandlungen mit beiden Organisationen keine zufrieden stellenden Ergebnisse gebracht haben. Alle strukturellen Veränderungen, die im europäischen Handball in den letzten 2 Jahren eingeführt wurden, sind nicht das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Beteiligten (Vereine und Verbände), sondern einseitige Entscheidungen des EHF-Kongresses.
In der Beschwerde kritisiert die GCH verschiedene Verstöße der IHF und/oder EHF gegen Artikel 81/82 der Europäischen Kommission:
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die Durchsetzung von unverhältnismäßigen und unfairen Bedingungen für die Vereine bezüglich der Freigabe ihrer Spieler für die Verbände und der IHF/EHF untereinander (Nationalmannschaftswettbewerbe);
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das Verbot für die Vereine sich sowohl auf internationaler Ebene als auch bei den Vereinswettbewerben selbst zu organisieren und, als Folge, die alleinige Kontrolle durch IHF/EHF über alle Aspekte der internationalen Vereins-Wettbewerbe, insbesondere die wirtschaftlichen und finanziellen Aspekte, wobei sie, wenn erforderlich, ihre sportlichen Kompetenzen verwenden (Monopol auf die Dienstleistungen der Schiedsrichter, etc.), um dieses wirtschaftliche Monopol zu stärken
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die einseitige Bestimmung des Kalenders, d.h. die einseitige Aufteilung von Spielterminen zwischen Nationalmannschaft und Vereins-Handball zugunsten der Verbände;
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ganz allgemein, den völligen Ausschluss der Vereine aus den Entscheidungsprozessen des internationalen Handballs;
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das Verbot für die Vereine (und für die Spieler) Rechtshilfe vor ordentlichen Gerichten in Anspruch zu nehmen und, als Folge, die Verpflichtung zur Beilegung von Streitigkeiten ausschließlich innerhalb der Schiedsgremien, die von IHF/EHF eingerichtet oder anerkannt sind.
Zum ersten Mal wurde die Europäische Kommission offiziell aufgefordert, die Vereinbarkeit von Transferreglementen sowie die Regeln für die Durchführung von Vereinswettbewerben (Champions League) mit Hilfe des EU-Wettbewerbsrechts zu prüfen. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass diese Forderung von einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EEIG) stammt, deren Mitglieder die führenden Handball-Vereine in Europa sind.
Die IHF/EHF auf der einen Seite und die führenden Profivereine (insbesondere GCH-Mitglieder), auf der anderen Seite sind eindeutig Wettbewerber auf dem gleichen Markt.
Sie konkurrieren um die Verfügbarkeit von Spielern (und Spielterminen, d.h. Kalender), Arenen, TV-Rechten und Werbung/Sponsoring-Einnahmen, Agenturen und natürlich Zuschauern.
Dennoch ist das Ergebnis dieser Wettbewerbsbeziehung nicht durch den “Markt” reguliert, sondern durch die einseitige ‚Gesetzgebung’ der IHF/EHF, die ihre beherrschende Position nutzt, um die Marktstellung, die sie für angemessen hält, zu behaupten (oder auszubauen).
Kurz gesagt, IHF und EHF erzwingen, unter Androhung von Sanktionen, die Freigabe der Spieler aller Vereine dieser Welt, speziell die GCH-Mitglieder Vereine:
- ohne finanziellen Ausgleich;
- mit der Verpflichtung sie gegen Verletzungen und Krankheit für die Dauer der Freistellung abzusichern;
- so oft und so lange wie es einseitig von IHF/EHF entschieden wird;
um konkurrierende Wettbewerbe zu erzeugen, d.h. Nationalmannschafts-Ereignisse, im Gegensatz zu dem Vereins-Produkt, d.h. Vereins-Veranstaltungen.
Als Folge dessen wurde zum Beispiel die deutsche Nationalmannschaft im Jahr 2008 für insgesamt 125 Tage und die kroatische Nationalmannschaft für rund 170 Tage zusammen gezogen.
Zu guter letzt terminieren IHF und EHF ihre Nationalmannschafts-Veranstaltungen insbesondere im Januar, welches bekanntermaßen die beste Zeit des Jahres für Handball ist (wegen der Witterungsverhältnisse und der Winterpause im Fußball). Allerdings liegt dieser Termin in der Mitte der Europäischen Vereins-Saison, die abrupt unterbrochen wird (zu Lasten der Vereine, Sponsoren, Fans, usw.). Die Vereine starten dann mit ausgelaugten (und teilweise verletzten) Spielern neu und ohne Vorbereitung in die 2. Hälfte der Saison.
GCH-Mitglieder Vereine sind der Ansicht, dass, vorbehaltlich einer Versicherung der Spielergehälter und eines finanziellen Ausgleichs zu Lasten der Verbände, eine Freigabe ihrer Spieler für eine maximale Zeit von 45 Tagen pro Jahr, außerhalb der Vereinssaison, angemessen wäre, um die einwandfreie Durchführung von Nationalmannschafts-Veranstaltungen zu gewährleisten.
Die EHF kontrolliert und entscheidet einseitig (unter Ausschluss der Vereine aus dem Entscheidungsprozess) über das Format und das Marketing-Modell der europäischen Vereins-Wettbewerbe, insbesondere über die EHF Champions League.
Aus Sicht der GCH sollten die Vereine im Allgemeinen und die GCH-Mitglieder Vereine im Besonderen (als Haupt-Co-Besitzer der Rechte der Europäischen Vereinswettbewerbe, insbesondere der EHF Champions League) die uneingeschränkte Freiheit haben, ihre internationalen Wettbewerbe zu organisieren, zu vermarkten und zu verwalten. Die Rolle der EHF wird dabei streng auf die als Hüter der sportlichen Ethik begrenzt. Dies bezieht sich auf die Verantwortung für alle Fragen im Zusammenhang mit Schiedsrichtern und auf die Einhaltung der verschiedenen Regeln des Spiels und der sportlichen Ethik auf und neben dem Platz.
Der Beschwerdeführer fordert von der Europäischen Kommission anzuerkennen:
– dass die bestehenden IHF/EHF Regeln über die Freistellung von Spielern eine ungerechtfertigte Beschränkung des Wettbewerbs sind und damit gegen Artikel 81 des EG-Vertrags verstoßen, insbesondere, da diese Regeln zu Lasten der Vereine Beschränkungen verursachen, die weder rechtmäßig sind noch im angemessenen Verhältnis zum berechtigten Ziel der Aufrechterhaltung eines angemessenen Niveaus der Nationalmannschafts-Wettbewerbe sind;
– dass das System der Genehmigungserteilung in Bezug auf die Organisation von Vereins-Handballspielen, sowie die einseitige Organisation/Verwaltung der Europäischen Vereinswettbewerbe von der EHF, die in den verschiedenen Bestimmungen implementiert sind, als solche eine ungerechtfertigte Einschränkung des Wettbewerbs darstellen, vor allem unter dem Hintergrund, dass IHF/EHF direkte und große Konkurrenten der Vereine sind
– dass die bestehenden IHF/EHF Regeln und/oder Praktiken in Bezug auf den sportlichen Kalender eine ungerechtfertigte Beschränkung des Wettbewerbs und damit gegen Artikel 81 des EG-Vertrags sind
– dass ganz allgemein (die Regeln für die Freigabe der Spieler und für den Kalender sind nur Beispiele dafür), der völlige Ausschluss der Vereine von der Steuerung des internationalen Handballs (für alle Fragen, die direkt oder indirekt die Vereine betreffen), wie derzeit durch die IHF/EHF Regeln festgelegt, eine ungerechtfertigte Beschränkung des Wettbewerbs und damit gegen Artikel 81 des EG-Vertrags darstellt,
– dass die bestehenden IHF/EHF Regeln, die u.a. den Vereinen, Rechtshilfe vor den ordentlichen Gerichten verbieten, insbesondere, da diese Regeln, wie sie derzeit strukturiert sind, IHF/EHF ermöglichen, die oben genannten Beschränkungen beizubehalten und demzufolge Beschränkungen zu Lasten der Vereine darstellen, die weder rechtmäßig sind, noch im angemessenen Verhältnis zu dem legitimen Ziel der Förderung einer harmonischen Entwicklung des internationalen Vereins-Handballs und der Nationalmannschafts-Wettbewerbe stehen;
Dr. Gerd BUTZECK, General Manager der GCH, erklärt Folgendes:
“Zuerst im Basketball und später im Fußball, dank des “Charleroi-Falls”, haben sich die Vereine und die internationalen Verbände arrangiert und ein besseres Gleichgewicht zwischen Vereins- und Nationalmannschafts-Veranstaltungen gefunden. Die GCH ist davon überzeugt, dass, auf der Grundlage der zu erwartenden Entscheidung der Europäischen Kommission, eine ähnliche Entwicklung im Handball stattfinden wird”.
Die GCH wird vertreten durch den bekannten Experten für Europäisches Sportrecht, Herrn Jean-Louis DUPONT.
(Rechtsanwalt DUPONT ist insbesondere bekannt für folgende Fälle:
BOSMAN (1995), HAGI (1996), BALOG (1998), welche eine globale Weiterentwicklung der FIFA Regeln auf die Transferrechte bewirkt haben,
MECA-MEDINA, den Fall, welcher der EuGH am 18. Juli 2006 behandelte (gegen die Meinung der Europäischen Kommission), und beurteilte, dass alle Regeln, die von den internationalen Verbänden erlassen werden, in dem Anwendungsbereich des EU-Rechts liegen (es gibt also keine „Ausnahmen“ zum Vorteil für die Sportverbände), sobald sie wirtschaftliche Folgen haben und DER CHARLEROI FALL, als Berater für die G-14, welcher eine außergerichtliche Einigung zwischen Vereinen und Fußball Verbänden erwirkt hatte (15. Januar 2008), bei der auf der einen Seite die Europäischen Topvereine und auf der anderen Seite FIFA/UEFA ein neues und besser ausgewogenes Verhältnis zwischen Vereins-Fußball und Nationalmannschaften vereinbart haben.)
DUPONT erklärt:
“Es ist nicht gerechtfertigt, weder moralisch noch rechtlich, dass eine juristische Person aus der Schweiz, wie die IHF, in übertriebenem Maße die Freiheit von Hunderten von EU-Unternehmen, in diesem Fall von Vereinen, zu beschränken, um ein wirklich europäisches Sport-Modell zum Nutzen aller Verbraucher in der EU zu entwickeln.
Insbesondere sind die Beschränkungen inakzeptabel, da sie nicht im allgemeinen Interesse des Handballs durchgesetzt wurden, sondern von den eigentlichen Wettbewerbern, den Verbänden, zum übertriebenen Vorteil für die Nationalmannschaftswettbewerbe und zu übermäßigen Lasten der Vereine.
Es muss ein besseres Gleichgewicht, welches die GCH auf der Grundlage der rechtlichen Klärung von der Europäischen Kommission gefordert hat, zwischen allen Beteiligten gefunden werden.”