Deutsche Handballwoche, 30.7.13, Fragen von Chefredakteur Olaf Bruchmann
Olaf Bruchmann: Herr Butzeck, wann haben Sie das letzte Mal mit IHF-Präsident Hassan Moustafa gesprochen?
Gerd Butzeck: Es geht nicht um mich. Politisch gesehen sollte der Dialog zwischen der IHF-Exekutive und dem FORUM CLUB HANDBALL Vorstand stattfinden. Hassan Moustafa hat die Gespräche abgebrochen. Unsere Schreiben blieben genauso unbeantwortet, wie eine Einladung zu einem gemeinsamen Meeting mit EHF-, Ligen- und Spielervertretern. Das ist fehlender Respekt vor den Klubs, dem Herz des Handballs.
? Als Geschäftsführer des Forum Club Handball haben Sie vergangene Woche eine Klage gegen den Weltverband eingereicht. War das nötig oder hätte nicht ein persönliches Gespräch vieles erspart?
GB: Im Dezember 2012 wurde uns von IHF-Geschäftsführerin Khalifa die Aufnahme von Gesprächen über ein ‚Memorandum of Understanding‘ in Aussicht gestellt. Im März 2013 wurde diese zurückgezogen. Ab Sommer 2013 blieben unsere Schreiben und eine Einladung zum Gespräch unbeantwortet. Die IHF hat den Klubs keinen anderen Weg gelassen.
? Was wollen Sie genau mit Ihrer Klage erreichen?
GB: Gemäss den Statuten der IHF müssen die Klubs ihre Spieler für IHF-Wettbewerbe kostenlos abstellen und zusätzlich die Kosten für notwendige Versicherungen übernehmen. Wenn also die IHF ein neues Turnier, wie zB die Olympiaqualifikation beschliesst, müssen die Klubs die Spieler abstellen. Wenn die IHF beschliessen würde, die WM-Qualifikation – wie im Fussball – in 6-er Gruppen zu spielen, müssten die Klubs ihre Spieler zusätzliche 5 Wochen abstellen. Dieses Machtgefüge halten die Klubs für unfair und unverhältnismässig.
Der IHF-Kongress kann alles beschliessen und die Klubs müssen folgen.
Wir anerkennen die Bedeutung der Nationalmannschaft. Sie ist für unsere Sportart von überragender Bedeutung. Aber was spricht dagegen, Termine, Abstellungsgebühren und Versicherungsleistungen schriftlich zu vereinbaren? Das klappt im Fussball mit UEFA und FIFA, im Handball mit der EHF. Bei der IHF haben die Klubs keinen Anspruch auf irgendetwas.
Wir sind gerne bereit, die ausländischen Nationalspieler für die Nationalmannschaft abzustellen, vorausgesetzt es gibt dafür eine schriftliche Vereinbarung. Ansonsten nicht.
? Konkretisieren Sie bitte Ihre Vorwürfe an die IHF?
GB: Die IHF verweigert den institutionellen Dialog. Sie will ihre Gesprächspartner auf der Gegenseite selber bestimmen. Sie versucht die Klubs unter Druck zu setzen in dem sie Wohlverhaltenserklärungen verlangt, bevor Abstellgebühren gezahlt werden. Konkreter handelt es sich dabei um Präsident Hassan Moustafa. Mit vielen Personen aus seiner direkten Umgebung kann man unter vier Augen vernünftig sprechen. Mit ihm nicht.
Die Klubs werden immer wieder vorgeführt. Im Herbst 2012 hat die IHF einige ausgesuchte Klubvertreter eingeladen und die Abstellungsgebühren für die WM 2013 bekannt gegeben. Im Prozess der Klubs gegen DHB/IHF hat dann Ulrich Strombach als IHF-Anwalt behauptet, die Abstellungsgebühren seien ‚verhandelt‘ worden. Das ist, wie bereits gesagt, ein Mangel an Respekt.
? Wie ist Ihre Idealvorstellung bei dem Thema Abstellgebühren und Versicherungen?
GB: Sie haben die Termine vergessen. Klubs und Verbände setzen sich zusammen und einigen sich auf Termine, Abstellungsgebühren und Versicherungsleistungen.
? Die Zusammenarbeit und der Dialog mit der Europäische Handball Föderation hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Warum gibt es mit dem Weltverband Ihrer Meinung nach Schwierigkeiten?
GB: Die IHF verweigert die Kommunikation. Stand heute existieren die Klubs für die IHF nicht. Sie kommen in den Statuten der IHF nicht vor. Es gibt keinen einzigen Klubvertreter in der IHF. Warum sollte da etwas funktionieren?
? Juristen sagen: Recht haben und Recht bekommen, sind zwei unterschiedliche Dinge. Wie sehen Sie die Aussichten auf Erfolg bei Ihrer Klage?
GB: IHF/DHB diktieren im Markt von Nationalspielern die Einkaufpreise. Das ist ein klares Indiz für ein Monopol. Unsere Klage bezieht sich auf das Kartellrecht. Die IHF unterlässt jeden Versuch, mit den Klubs gemeinsam nach Optimierungen zu suchen. Es handelt sich nicht um eine sportliche Frage. Ich bin optimistisch, dass ein ordentliches Gericht das Verhalten von IHF/DHB aus Wettbewerbsgründen missbilligt.
? Nach Informationen der HANDBALLWOCHE wird der Weltverband durch den DHB-Präsidenten Ulrich Strombach juristisch vertreten. Das ist merkwürdig, weil Sie doch Ihre Klage auch gegen den DHB richten, oder?
GB: Ich hätte mir gewünscht, dass er als DHB-Präsident die Position der deutschen Klubs stützt. Aber das sollen die beurteilen, die ihn in sein Amt gewählt haben. Ich erwarte, dass Ulrich Strombach im Herbst beim DHB aufhört und kurz darauf als Vorsitzender der neu zu gründenden IHF Ethik-Kommission kandidiert. Damit wäre dann seine jetzige Tätigkeit ein Vorgriff auf künftige IHF-Weihen!
? Abschließende Frage, Herr Butzeck: Seit Jahren klagen die Profis über die zu große Belastung. Das Forum Club Handball möchte nun Mitspracherecht bei der internationalen Wettkampf- und Turnierplanung. Haben Sie hier ein Rezept, einen Vorschlag, wie der Kalender entzerrt werden kann?
GB: Dazu benötigt man ein Gespräch von allen Beteiligten mit Druck von außen. Hassan Moustafa verweigert aber dieses Gespräch. Viele Verbände würden ihn nach seinen unzähligen Skandalen gerne abwählen, allerdings müsste der Stärkste voran schreiten. Voraussetzung wäre also, dass der DHB sich gegen Hassan Moustafa positioniert. Praktisch ist das für einen neuen Präsidenten aber schwierig, wenn man 2017 eine WM ausrichtet und sich gleichzeitig für eine WM 2019 bewirbt. Das sehe ich auch.
? Vielen Dank für das Gespräch